Benzodiazepine
Die Schlaf- und Beruhigungsmittel.
Benzodiazepine sind verschreibungspflichtige Medikamente, die als Schlaf- oder Beruhigungsmittel eingesetzt werden. Aufgrund ihrer entspannenden Wirkung werden sie auch als Tranquilizer (engl. to tranquillize = beruhigen) bezeichnet. Wohl bekanntester Vertreter dieser Gruppe ist das 1963 am Markt eingeführte Medikament Valium®, heute bekannt als Diazepam.
Benzodiazepine sind verschreibungspflichtige Medikamente, die als Schlaf- oder Beruhigungsmittel eingesetzt werden. Aufgrund ihrer entspannenden Wirkung werden sie auch als Tranquilizer (engl. to tranquillize = beruhigen) bezeichnet. Wohl bekanntester Vertreter dieser Gruppe ist das 1963 am Markt eingeführte Medikament Valium®, heute bekannt als Diazepam.
Gut zu wissen
4-5 %
der gesetzlichen Versicherten in Deutschland bekommen mindestens einmal pro Kalenderjahr Benzodiazepine verschrieben.
Vor allem Frauen
> 65
Jahre
nehmen Benzodiazepine ein.2
So wirken Benzodiazepine.
Benzodiazepine sind sogenannte Psychopharmaka. Sie wirken dämpfend auf das zentrale Nervensystem (ZNS), indem sie die Reizweiterleitung beeinflussen. Dies geschieht vor allem durch eine erleichterte Bindung des hemmenden Neurotransmitters Gamma-Amino-Buttersäure (GABA). Hierdurch werden auch nachgeschaltete Neurotransmitter wie Noradrenalin, Acetylcholin und Serotonin beeinflusst.
Die Folge: Ängste lösen sich auf, Krämpfe und Spasmen verschwinden, das ganze System beruhigt sich und die Schlafbereitschaft steigt. Das alles bleibt allerdings auch nicht ohne Auswirkungen auf andere Bereiche. Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Bewegungskoordination und Emotionen werden ebenfalls gedämpft, was z.B. zu Fahruntüchtigkeit und Erinnerungslücken führen kann.
Wirkungsweise Z-Substanzen.
Bei den sogenannten Z-Substanzen handelt es sich um Benzodiazepin-Analoga, also um Medikamente, die den Benzodiazepinen sehr ähnlich sind. Sie enthalten unter anderem die namensgebenden Wirkstoffe Zolpidem und Zopiclon und sind in Deutschland nur zur Behandlung von Schlafstörungen zugelassen. Als sie Anfang der 1990er Jahre als Alternative mit ähnlicher Wirkweise zu den Benzodiazepinen als Non-Benzodiazepine eingeführt wurden, ging man noch davon aus, dass sie ohne die Gefahr einer Abhängigkeit eingesetzt werden können. Mittlerweile weiß man allerdings, dass das ein Trugschluss war. Die Z-Substanzen oder auch Z-Drugs können bei einer längeren Einnahme – genau wie die Benzodiazepine – zu einer Medikamentensucht führen.
Gut zu wissen
Ist mein Medikament ein Benzodiazepin?
Damit du auf einen Blick erkennen kannst, ob dein Medikament zur Gruppe der Benzodiazepine gehört, haben wir die gängigsten Arzneimittel aufgeführt:
Schlaf- und Beruhigungsmittel
Radedorm®, Noctamid®, Lendormin®, Flunitrazepam ratiopharm®, Remestan®, Planum®, Rohypnol®, Dalmadorm®
Tranquilizer
Diazepam ratiopharm®, Adum bran®, Tavor®, Oxazepam ratiopharm®, Bromazanil®, Hexal®, Normoc®, Lexotanil®, Faustan®
Muskelrelaxans
Musaril®5
Die häufigsten Nebenwirkungen von Benzodiazepinen.
Benzodiazepine haben es in sich! Aufgrund der stark beruhigenden Wirkung können Störungen der Bewegungskoordination, Bewusstseinsstörungen, Verwirrtheitszustände, Desorientierung, Beeinträchtigung der Lern- und Merkfähigkeit sowie eingeschränkte Fahrtüchtigkeit auftreten. Benzodiazepine wirken atemdepressiv, das bedeutet, sie verlangsamen die Atmung. Insbesondere zusammen mit Alkohol oder Opioiden kann es zu gravierenden Wechselwirkungen wie Bewusstlosigkeit und verlangsamter Atmung bis hin zu einer Atemlähmung kommen.
Das Damoklesschwert: Die große Gefahr der Abhängigkeit.
Bereits nach einer Einnahme von 6 bis 8 Wochen kann es zu einer Gewöhnung und damit einhergehend zu einem Nachlassen der Wirkung kommen. Weitere Folgen der Gewöhnung sind:
Benzodiazepine lösen keine Probleme, sie dämpfen lediglich die Symptome, wie zum Beispiel innere Unruhe, Angst oder Schlafstörungen, und hüllen dich in eine vermeintliche Schutzglocke. So kann eine psychische Abhängigkeit von diesem Schutzgefühl entstehen – mit der Konsequenz, den Wirkstoff immer weiter einzunehmen.
Beendet man die Einnahme der Benzodiazepine, treten die Symptome wie Schlaflosigkeit, Unruhe und allgemeine Ängstlichkeit oder Schlaflosigkeit wieder auf. Dieser sogenannte „Rebound-Effekt“ tritt besonders nach längerer Einnahme bzw. bei plötzlichem Absetzen ein und ist Ausdruck einer körperlichen Abhängigkeit. Das wird als Wiederauftreten der Ursprungssymptomatik interpretiert und führt zur Weitereinnahme.
Entzugssymptome können im Unterschied zu dem Rebound-Effekt eine erhebliche Eigendynamik entfalten und sich zu schweren und bedrohlichen Zuständen, sog. Major Symptoms, entwickeln.
Angst, Schlafstörungen, innere Unruhe, Anspannung, Depression, Erhöhte Reizbarkeit, kognitive Störungen, Merkfähigkeits- und Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit, Psychose
Zittern, Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, motorische Unruhe, erhöhter Puls, erhöhter Blutdruck, Atemnot, Kopfschmerzen, Muskelzuckungen oder -verspannungen
Epileptische Anfälle, Wahrnehmungsstörungen, Geräuschüberempfindlichkeit, Lichtempfindlichkeit, Sensibilitätsstörung, Störungen der Motorik
Gut zu wissen
Faustregeln für die maximale Einnahmedauer
Bereits nach 6 bis 8 Wochen kann es zu einer Gewöhnung kommen.
Benzodiazepine
dürfen nie schlagartig abgesetzt werden, sondern werden schrittweise ausgeschlichen.3
Warum werden Benzodiazepine verschrieben?
Häufige Einsatzgebiete für die Verschreibung und Anwendung von Benzodiazepinen sind Angst bzw. Ängstlichkeit, Stress, starke Unruhe, negative Gedanken, depressive Störungen, Schlafstörungen, Trauer, Verlusterlebnisse oder ein Trauma, das den Alltag in erheblichem Maße negativ beeinflusst. Ganz wichtig: Bei allen genannten Gründen ist die Einnahme von Medikamenten nur eine vorübergehende Lösung. Behandlungsschwerpunkt und erstes Mittel der Wahl sollte immer eine Psycho- bzw. Verhaltenstherapie sein.
Weitere Gründe:
- Prämedikation bei Operationen: zur Angstreduktion, Sedierung und Muskelentspannung
- Als Notfallmedikament bei epileptischen Notfällen sowie bei einigen wenigen Formen der Epilepsie als Dauermedikation
- Schwere psychische Störungen wie Psychosen oder Suizidalität
- Extreme Muskelverspannungen, z.B. im Bereich der Wirbelsäule
Benzodiazepine in der Schwangerschaft.
Die Einnahme von Benzodiazepinen sollte aufgrund des hohen Abhängigkeitspotenzials immer gründlich abgewogen werden – insbesondere natürlich während einer Schwangerschaft. Benzodiazepine sind plazentagängig, das heißt, dass sie auch das ungeborene Kind erreichen. Indikationen für die Einnahme können im Einzelfall die symptomatische Kurzzeitbehandlung von Angst-, Spannungs- und Erregungszuständen sowie dadurch bedingte Schlafstörungen oder die Sedierung bei diagnostischen bzw. chirurgischen Maßnahmen sein. Grundsätzlich besteht im 1. Trimester kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen beim Baby. Das Risiko steigt allerdings mit fortschreitender Schwangerschaft. Insbesondere vor oder während der Geburt können schwerwiegende Symptome beim Neugeborenen auftreten.
Mehr Informationen zu Medikamenten in der Schwangerschaft erhältst du auf der Seite embryotox.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen
Wichtig zu wissen: Benzodiazepine unterliegen dem Betäubungsmittelgesetz. Die meisten Fertigarzneimittel enthalten jedoch Dosierungen, die von der Betäubungsmittelverschreibung ausgenommen sind. Für alle Medikamente mit höheren Dosierungen sowie für ganz bestimmte Wirkstoffe, wie zum Beispiel Flunitrazepam, muss ein spezielles Betäubungsmittelrezept vorliegen. Da Benzodiazepine und Z-Substanzen Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit haben, droht bei einem Unfall ein Bußgeld- oder Strafverfahren.
Du nimmst seit mehr als 6 Wochen regelmäßig Benzodiazepine oder Z-Substanzen ein? Dann wird es Zeit, etwas zu ändern.
Bei dir besteht bereits die Gefahr von Gewöhnung und Abhängigkeit. Wir unterstützen dich dabei, deinen Tablettenkonsum zu reduzieren.
1. Holzbach R. Benzodiazepin-Langzeitgebrauch und -abhängigkeit. Fortschr Neurol Psychiatr 2010; 78: 425–34
2. Johnson C, Frei C, Downes N, et al. Benzodiazepine and Z-Hypnotic Prescribing for Older People in Primary Care: A Cross-Sectional Population-Based Study. Br J Gen Pract 2016; 66: e410-415, abgerufen am 17.01.2023
3. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht). S3-Leitlinie Medikamentenbezogene Störungen – 1. Auflage. Version 01. 2020, abgerufen am 17.01.2023
4. Hofmann W. Benzodiazepine in der Geriatrie. Zeitschr Geront Geriat, 2013; 46: 769-776
5. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. Benzodiazepine und Z-Drugs, abgerufen am 25.01.2023